Mit dem Esel dienen

Als ich das Interview zum Down-Kongress gab, kamen Mareike Fuisz und ich darauf zu sprechen, wie wir unseren Kindern gute Erfahrungen ermöglichen. Gerade gestern ist das Thema noch einmal in einer Unterhaltung aufgetaucht.

 

 

Taucht etwas Neues auf, stürzen sich die meisten Kinder darauf: sie wollen wissen, wie es funktioniert, wollen erkunden, verstehen und etwas erleben. Der Impuls, sich ein unbekanntes Gebiet zu erobern, zeigt sich ganz spontan.

 

 

Bei meinem Kind, und ich denke bei vielen anderen besonderen Kindern, ist dieser Impuls verzögert oder braucht Unterstützung und Begleitung.

 

 

Ich erleichtere Rishi das Lernen, wenn ich ihn im Vorfeld erst einmal gut vorbereite, z.Bsp. mit Bildern und sich wiederholenden Beschreibungen.

 

Ist dann der Moment der neuen Erfahrung da – das erste Mal im Wasser, das erste Mal auf dem Kletterturm oder, wie hier, das erste Mal auf einem Esel – glaube ich, ist es notwendig, bei meiner Entscheidung für die neue Aktivität zu bleiben und diese auch durchzusetzen.

 

 

Rishis erstes Impuls auf etwas Neues ist selten Freude, selten spontaner Erkundungsdrang, sondern meist Angst, Rückzug und Ablehnung. An mir ist es, die neue Erfahrung zu öffnen, indem ich mehr oder weniger sanft Druck ausübe und ihn zwinge, sich dem neuen zu stellen.

 

 

Diesem Moment auf dem Esel gingen ganz viel Weinen und laute „Nein“ Schreie voraus und es brauchte zwei starke Frauen, um ihn auf den Esel zu setzen. Nach zwei Minuten auf dem Esel schniefte er und begann zu singen. Als ich ihn fragte, ob es ihm gut gehe, meinte er: „Ich gross, Esel gut“.  Und Mama fielen Steine vom Herzen –

 

 

Meine Absicht ist es, ihm eine neue, ihm förderliche Erfahrung zu ermöglichen, die ihm Freude macht oder ihn zum Wachsen anregt. Dazu möchte ich Brücke und Schubs sein. Ich weiss, dass er hier auf mich angewiesen ist.  Der Weg dorthin kann von aussen gesehen manchmal hart und unsensibel aussehen. Das Ziel – seine Freude – zeigt mir dann am Ende jedoch, dass es sich gelohnt hat, hart zu bleiben.

 

 

Im Interview mit Mareike Fuisz habe ich bewusst das Wort „dienen“ verwendet. Bildlich gesehen für mich halte ich meine Hand hin, damit er seinen Fuss hineinsetzen und sich in eine neue Erfahrung hineinschwingen kann. Ich als seine Begleiterin stelle mich mit meinem Wissen und meinem Wesen dazu zur Verfügung, gebe aus mir heraus das Beste, damit das Neue gut gelingt und daraus Wachstum ersteht. Vielleicht fällt es mir persönlich schwer, vielleicht hätte ich es gerne schneller, leichter, anders – deswegen mag ich das Wort „dienen“ – in Liebe als ich Indivdium zurückzustehen und ganz und vollumfänglich für die Entwicklung des anderen Menschen dazusein –

 

 

Wir waren später noch ein paar Tage auf dem Jakobsweg mit dem Esel unterwegs. Auch dort gab es immer wieder Stolpersteine, aber auch immer wieder Rishis Frage: „wann gehen wir wieder mit dem Esel?“

 

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